Viele Religionen - ein Ziel
Stimmungsvoller Einstieg in den Advent
Franziskusfreunde trafen sich aus der ganzen Deutschschweiz zum Friedensabend im Ranft. An der Schwelle zum Advent deutete ein meditativer Stationenweg die Völkervision biblischer Propheten auf das Miteinander der Religionen heute. Impulse in die eigene Lebenswelt gaben noch einmal neu der Weg des Franz von Assisi zu Sultan al-Kāmil und die gemeinsame Erklärung von Franziskus von Rom mit Gross-Imam al-Tayyeb von letztem Februar. Auf dem längeren Weg von Sachseln und auf dem kürzeren vom Dorf Flüeli trafen rund 90 Personen zum gemeinsamen Gottesdienst im Ranft ein.
Sportliche junge Leute halfen im Vorfeld mit, den Weg in die Schlucht mit 400 Kerzen zu beleuchten. Teilnehmende wie auch Passanten schauten fasziniert auf die Lichtspur, die vom Wohnhaus des Niklaus und der Dorothea von Flüe zur Klause an der Melchaa führte.
Die Winterpracht in der innersten Schweiz (Bild: obere Ranftkapelle) ist dieses Jahr auf den Montag der ersten Adventswoche angesagt.
Die Impulse des Weges und der Feier in der Ranftkapelle lassen sich über den Advent hinaus bedenken.
Friedensabend im Ranft - Impulse
Das gemeinsame Feiern in der unteren Ranftkapelle verband wie jedes Jahr Mitglieder der franziskanischen Familie - Schwestern und Brüder, Singles und Familien, Jugendliche und Betagte. Zu ihnen stiessen auch diesmal "Franziskusfreunde" und franziskanisch Interessierte. Obwohl der Winterfahrplan des Postauto das Flüeli abends nicht mehr bedient, kamen Gefährtinnen selbst aus dem fernen Engadin und der Freiburger Westschweiz angereist.
Die Lichtspur in die Schlucht kommt an ihr Ziel, die untere Ranftkapelle, die sich mit Mitfeiernden füllte. Ein Pilgergefährte füllte vor dem Gottesdienst die Stille des Tales, in dem nur die rauschende Melchaa zu hören ist, mit dem urchigen Klang eines Urner "Büchels" (eine Art verkürztes und geschwungnes Alphorn) und erinnerte an Bruder Klausens Pilgervision! Im Gottesdienst selbst zauberte Christina Frei mit der Panflöte adventliche Klänge in die Feier, die unser Bruder Klaus Renggli (Minorit) einfühlsam leitete.
Zwischen meditativem Weg und Gottesdienst luden Sr. Anna Gasser und Véronqiue Hirsch vor dem Ranfthaus zu einem wärmenden Punsch. Besinnliches Unterwegssein wechselte hier zum angeregten Austausch beim letzten der diesjährigen "Familientreffen" der Franziskanischen Schweiz.
Das Gleichnis von der Spinne
Den Schlussakzent setzte das folgende Gleichnis, das ein Kernanliegen des Dokuments von Abu Dhabi anspricht. Jede Religion erinnert auf ihre Weise an die Bedeutung des "Fadens nach oben".
Eine Spinne hatte grossen Hunger. Sie fand keine Nahrung. So besann sie sich einer Kunst, die nur sie beherrschte. Sie liess aus ihrem Körper einen Faden fliessen. Den band sie oben fest, liess sich daran hinunterfallen und baute ihr Netz. Mit letzter Kraft spann sie mit ihrem eigenen Faden ihr Werk, in die Mitte ausgerichtet, nach den Seiten verwoben.
Eine Pracht war es, ihr Kunstwerk anzusehen und sie mochte selbst darauf stolz gewesen sein. So kräftig war es. Und als am Morgen der Tau sich sanft daransetzte, glänzte es wie ein Kristall in der aufgehenden Sonne.
Auch Hunger brauchte sie nicht mehr zu haben. Fliegen, Mücken, Insekten aller Art, verfingen sich im Netz. Und sie hatte Nahrung im Vorrat.
Während sie sich an ihrem Kunstwerk ergötzte und seine perfekte Symmetrie bewunderte, fiel ihr Blick auf einen störenden Faden, der nach oben führte. Er verlor sich in der Höhe und sie konnte nicht erkennen, wo er eigentlich endete. So biss sie ihn kurzerhand durch. Doch zu ihrem Entsetzen fiel das Netz in sich zusammen. Ihr Werk war zerstört. Dies nur, weil sie eines vergessen hatte: Die Bedeutung des Fadens nach oben.“
Nehmt die Taube, die den Weg begleitet hat, mit nach Hause – und wenn sie einen Faden nach oben bekommt – erinnert Sie im Alltag an das Wort von Bruder Klaus: „Fried ist allwegen in Gott“.
Einladung:
Franziskanische Schwestern und Brüder laden ein zu meditativen Wegen und zum
Friedensgebet im Ranft am Samstag, 30. November 2019
Shalom – Salam – Pax
Viele Völker und ein Friede
Allen Menschen ist die Sehnsucht nach Frieden eigen und doch tun wir uns eben damit schwer! Das Bild, dass alle Völker der Erde gemeinsam in Frieden leben werden, ist uralt. Schon die alten Propheten verkünden es als Vision von Gottes Reich. Heute aber werden immer mehr Stimmen laut, die den Frieden privatisieren wollen und Abgrenzung als Lösung aller Probleme propagieren.
Die Erkenntnis der „Geschwisterlichkeit aller Menschen“, die Franziskus so wichtig ist, hält dagegen und beruft uns alle, als Brüder und Schwestern miteinander die Erde zu bevölkern und auf ihr die Werte des Guten, der Liebe und des Friedens zu verbreiten.
Zu Beginn der diesjährigen Adventszeit machen wir uns unter diesen Vorzeichen gemeinsam auf den Weg in den Ranft. Unterwegs begleiten uns Gedanken aus der Erklärung von Abu Dhabi, die Papst Franziskus und Gross-Imam Ahmad Mohammad al-Tayyeb im Februar 2019 gemeinsam verfasst und unterzeichnet haben.
Die Erklärung nennt Fundamente für die Zukunft der Welt: Gemeinschaftssinn, Glaube, Menschenliebe, Dialog.
Wir sind gerufen, das Gute aktiv zu fördern und zu einer menschlicheren, gerechteren und friedlicheren Welt beizutragen.
Der franziskanische Adventsabend im Ranft will dazu anregen und ermutigen, selber Schritte zu tun und in der Vielfalt unserer Lebenswelten zu Friedensstifter*innen zu werden.